środa, 22 grudnia 2010

nie musisz być sam, tylko musisz być trzeźwy

bei den letzten einkaeufen vor den feiertagen fiel das kleine plakat ins auge, das verschaemt an einem stromkasten hing: "allein zu weihnachten? wir feiern zusammen!" die gutmuetige kirche der evangelischen christen bot allen einsamen und unerwuenschten eine weihnachtsfeier an, am heiligabend um 15 uhr. es folgte eine komplizierte wegbeschreibung und der kleingedruckte hinweis, personen unter alkoholeinfluss wuerde der zutritt verweigert.
auf dem nachhauseweg sprach mich verschaemt eine frau an, ob ich wuesste, wo de ulica zagórna waere. irgendwo hier in der naehe, genauer wusste ich es auch nicht.
dann ging ich nach hause, um weihnachten zu feiern. immerhin hatte ich eine flasche wein im schrank.

wtorek, 21 grudnia 2010

polska grzeczność przez cztery pory roku

wenn im winter schnee faellt, der auf strassen, fusswegen und in hauseingaengen liegen bleibt, der von den daechern stuerzt und tropft und matschig an den schuhen klebt, dann muss damit irgendetwas passieren. auf strassen und anderen weitlaeufigen asphaltflaechen raeumen, salzen und streuen grosse orange fahrzeuge. auf den gehwegen tun sie das manchmal auch, sie sind dann nur ein wenig kleiner. aber ansonsten bleibt der unvermeidliche begleiter aller wintermonate: die schneeschaufel. und wenn die maenner sonst schon jahraus jahrein und durch alle wetterlagen den frauen die tueren aufhalten, den mantel abnehmen, die taschen tragen und sogar zu ausgewaehlten anlaessen blumen kaufen - dann koennen ja wohl die frauen wenigstens fuer drei monate das schneeschaufeln uebernehmen? schliesslich gehoert es sich doch, den frauen den vortritt zu lassen! und so ist, wie man wintertag fuer wintertag sehen kann, das polnische geschlechterverhaeltnis aeusserst harmonisch und in bester ordnung. das leben kann so schoen sein.

sobota, 18 grudnia 2010

twoje pośladki albo cała polska czyta dzieciom

vor dem kulturpalast ist ein grosser pavillon aufgebaut. die stiftung ABCXXI cała polska czyta dzieciom hat hier einen buchmarkt eingerichtet. im normalen leben bemueht sich die stiftung ABCXXI um die psychische, geistige und moralische gesundheit von kindern und jugendlichen, unter anderem dadurch, dass sie 20 minuten taegliches vorlesen fuer maedchen und jungen - besonders fuer jungen! - propagiert und proteste gegen die staatliche foerderung der einrichtung von kinderkrippen organisiert. ganz offensichtlich schaden kinderkrippen der psychischen, geistigen und moralischen gesundheit von kindern und jugendlichen, ebenso wie uebrigens das vorhaben der regierung, ab dem naechsten schuljahr schon alle sechsjaehrigen in die erste klasse zu schicken. anstatt frueher auf dem arbeitsmarkt landen diese um ihre kindheit gebrachten kinder direkt beim psychiater auf der couch, und das kostet natuerlich. aber vorlesen ist zweifellos teil einer guten erziehung, und nur darum geht es hier. das werbeschild verspricht "nowości", "okazje" und "koncówki kolekcji". "koncówki kolekcji" gibt es sonst nur im outlet am ende der aktuellen saison. drinnen riecht es verdaechtig giftig nach teppich und ventilation, und auf den tischen stapeln sich die buecher: rechts fuer kinder, geradeaus fuer erwachsene. abgegriffene harry potter-baende, reduziert, warten auf kaeufer, ansonsten die ueblichen bauarbeiter und bauernhoefe, kleinen prinzessinnen und kleinen drachen. eine ordnende hand ist in alldem nicht zu erkennen. bei den erwachsenen stapeln sich die ueblichen billigen romanzen von nora roberts und danielle steel, die ueblichen billigen krimis und thriller von stephen king und verwandten, dazwischen kochbuecher und reisefuehrer, traditionelle fischgerichte und malediven mal anders. irgendwie schlaegt sich der hehre anspruch der stiftung im sortiment nicht nieder. aber sport darf nicht fehlen. ganz sicher ist sport integrale bedingung fuer die psychische, geistige und moralische gesundheit von kindern und jugendlichen. und praktischweise gibt es auch hier was fuer kleine prinzessinnen und was fuer kleine drachen. am besten gefaellt mir der titel "twoje pośladki". auf dem cover natuerlich eine frau. "twoje pośladki" klingt ungefaehr so wie "deine mutter".

niedziela, 12 grudnia 2010

piątek, 10 grudnia 2010

opera to nie film albo o kulturę kinową lub raczej jej brak

es ist winter. es ist kalt. zwar werden nicht, wie im vorigen jahr, die expressbusse aufgerufen, ueberall zu halten, um die armen buerger und moechtegern-passagiere an den weniger privilegierten streckenabschnitten vor dem erfrierungstod an der haltestelle zu bewahren. aber dafuer werden an den wichtigsten strassenkreuzugen kanonenoefen aufgestellt. fuer die obdachlosen, oder falls mal die strassenbahn ausfaellt.
puenktlich zum wetterumschwung melden sich auch die kulturjournalisten. natuerlich im namen des allgemeinen wohlergehens. heute: die kinos. von denen gibt es in warschau einige, sie unterscheiden sich hier und da groesse und anzahl der saele oder auch in bezug auf die kartenpreise. freilich haben sie auch viele gemeinsamkeiten, etwa im hinblick auf die speisekarte, die sich im allgemeinen mit popcorn und cola erschoepft. darueber sollte sich freilich niemand beschweren, denn hat man waehrend der berlinale schon kinobesucher mit popcorn und cola gesehen? na also.
die alles ueberragende gemeinsamkeit der warschauer kinos von zentrum bis vorstadt, von studio bis multiplex ist aber: keines verfuegt ueber eine garderobe. und da kommt nun alles zusammen, all die winterjacken, all die muetzen, schals und handschuhe, das popcorn und die cola, und vielleicht noch die frau an seiner seiter, der man die tuer aufhalten muss. bei einem frisch angelaufenen blockbuster kann das die motorischen faehigkeiten auch eines geuebten kinogaengers restlos ueberfordern. vor allem im winter. also fordern die ehrenhaften kulturjournalisten, die natuerlich nur des aesthetischen erlebnisses wegen ins kino gehen und keinesfalls fuer popcorn und cola - und die also, ganz im gegenteil, auch noch all das gekruemel und geknirsche ertragen muessen! - zumindest eine garderobe. so wie in der philharmonie oder in der oper. aby było kulturalnie. mit dem mantel auf dem schoss im theater zu sitzen, ist schliesslich unvorstellbar. und wer nachos verkaufen kann, kann auch kleiderbuegel aufhaengen.
mehr kultur! hallt es also durch die haupstadtseiten. es scheint, der neue schlachtruf verhallt ungehoert. immerhin, das wetter wird sich eines tages wieder aendern. aber das popcorn, das bleibt.

ps: nawet istnieje w warszawie kino pod nazwą "kultura". szatni tam nie ma.

sobota, 4 grudnia 2010

am anderen des flures oder z życia zwykłego obywatela w windzie i na schodach

unser etagenflur hatte einen neuen bewohner. im winter ging er nicht auf die strasse, eis und schnee und die ewigen unebenen gehsteige. also drehte er dreimal taeglich seine fuenfzehn runden im korridor - von treppenhaus zu treppenhaus, rund um die beiden fahrstuehle, und zurueck. um in form zu bleiben. er ging mit gehhilfen, aber sehr flott und gewandt. manchmal hatte er statt der zweiten gehhilfe einen wischmop dabei, an den tagen, an denen die putzfrau in den anderen etagen unterwegs war. aus den augenwinkeln betrachtet konnte man denken, eine ratte liefe ueber den flur.

die portiere hatten gewechselt. die neuen waren alt, mehr konnte man nicht an ihnen bemerken. einer sass immer mit einem sudoku-heft am tresen. es wirkte wie ein billiges plagiat. alle hatten sie nichtssagende, unbewegte gesichter und waren wortkarg. an den hausbewohnern schienen sie in keiner weise interessiert. eines morgens, auf der treppe im ersten stock, stand einer von ihnen rauchend am fenster und schaute hinaus. kalt heute, sagte er. draussen lag schnee. kalt war es seit tagen.

abends vor dem fahrstuhl wartete nur eine frau. sie wirkte abwesend, hob kaum den blick und sagte kein wort. aber dann drueckte auch sie die taste fuer den vierten stock. es war zu spaet, um die treppe zu nehmen. schliesslich fragte sie doch. jaja, natuerlich. die nachbarin vom balkon. sie hatte einen beutel mit leeren flaschen dabei und ungewaschene haare. bei lichte betrachtet sah sie noch heruntergekommener aus, als man nachts auf dem balkon denken mochte. vor dem fahrstuhl trennten sich die wege. jaja, natuerlich. einen schoenen abend.

czwartek, 2 grudnia 2010

zima jako fenomen kulturalny

"sie haben ja einen winter hier!" sagt der neuankoemmling, als haette er noch nie echten schnee gesehen. man wusste gleich, er war aus deutschland gekommen. dabei waren in deutschland gerade die autobahnen gesperrt und die meisten flughaefen auch, alle medien berichteten ueber den wintereinbruch und zaehlten getreulich die wachsende zahl an verkehrstoten auf.

aus prinzip versicherte ich also meinen polnischen freunden nachdruecklich, bei 30 zentimetern neuschnee waere auch in berlin ein chaos unausweichlich. die stadt wuerde stillstehen, und sie tat es ja regelmaessig auch. "tatsaechlich?" fragten meine polnischen freunde verwundert. es schien, als hielten sie meine worte fuer eine ganz hinterhaeltig perfide angelegte irrefuehrung.

merke: deutschland liegt neuerdings ganzjaehrig, vor allem aber in den wintermonaten, in der karibik. daher ist eine schneeflocke in deutschland stets das achte weltwunder. eine schneeflocke in polen aber ist rettungslos dazu verurteilt, bestaetigung eines stereotyps zu sein.

środa, 1 grudnia 2010

spotkanie z ubóstwem osób starszych zimą

abends um sieben treffe ich die altersarmut vor dem kleinen supermarkt an der ecke. sie ist wie immer in ihren schaebigen pelzmantel gekleidet, der die von der modeindustrie veranschlagten 20 jahre haltbarkeit laengst ueberschritten hat. die altersarmut streift langsam durch die gaenge, sie kauft ein brot, eiermakkaroni, eine dose erbsen, ein dose hundefutter. im winter wird die altersarmut von vielleicht 320 złoty rente im monat leben, und 200 złoty muss sie fuer die wohnung zahlen. der ewige gefaehrte der altersarmut, ein alter, zotteliger hund von der gleichen farbe eines schaebigen pelzmantels, sitzt vor der tuer und sieht aus, als wuerde er frieren. draussen herrschen minusgrade und schnee. kein wetter, um auf offener strasse blumen zu verkaufen.