piątek, 16 kwietnia 2010

jarmark pogrzebowy albo biznes w czasie żałoby

schon am nowy świat haben die blumenhaendler auf einmal auch grabkerzen im angebot, sie stehen auf einem beistelltischchen neben den eimern voll tulpen und osterglocken. ueberhaupt verkaufen alle geschaefte im zentrum seit neuestem grablichter, die kioske und die vereinzelten lebensmittellaeden entlang des trakt królewski, handgemalte schilder im schaufenster weisen mit unfreiwilliger komik darauf hin: "tanie znicze w sprzedaży - zapraszamy". am besten - so schreiben es inzwischen schon die zeitungen - verkaufen sich die farben rot und weiss. dasselbe gilt fuer nelken und fuer tulpen. besonderer beliebtheit erfreut sich aber auch jene kremfarbene zuechtung hollaendischer gaertner, die seit 2006 den namen der praesidentengattin maria kaczyńska traegt.
der krakowskie przedmieście selbst, seit fast einer woche komplett fuer den kraftzeugverkehr gesperrt, hat gewisse zuege eines flohmarktes angenommen. fliegende haendler haben rechts und links auf den gehwegen stellung bezogen, sie bieten polnische flaggen mit und ohne adler, grablichter und blumen an, zuweilen auch kaffee oder schokoriegel - und regenschirme. es ist immerhin erst april, und das macht sich meteorologisch in gelegentlichen heftigen schauern bemerken. doch wer wuerde selbst in dieser situation den volkswirtschaftlichen zusammenhang zwischen angebot und nachfrage bestreiten wollen? nachfrage besteht ganz offensichtlich, nicht nur nach den traditionellen patriotismus- und trauerutensilien in einem katholischen land - in anderen staedten stehen die leute schon nach flaggen stundenlang an, aber zumindest in der hauptstadt scheint die versorgung gesichert. nachfrage besteht aber auch nach jenen zuweilen etwas zwielichtigen gesinnungsbekundungen fuer kragen und rucksack: trauerschleifen zum anstecken in schwarz oder rot-weiss und buttons mit der aufschrift "żałoba narodowa - smoleńsk 10.04.2010" vor dem hintergrund der polnischen flagge. unschlagbar ist freilich ein roter aufnaeher, der auf rotem grund in grauer fabre die aufschrift "katyń 2010" traegt. das t ist durch ein grosses silbernes flugzeug ersetzt worden. das design hat etwas ungewollt makabres - ob in amerika aufnaeher mit der aufschrift "wtc 2001" gestaltet, produziert, gekauft und getragen worden waeren, bestickt mit zwei tuermen und zwei silbern schimmernden fluegzeugen, oder ist im zustand der schockstarre das menschliche gehirn schlicht zu fast allem faehig? biznes rozkręca się - die polnische wirtschaft funktioniert in dieser situation in vorbildlicher art und weise.
je naeher man dem praesidenten-palast kommt, desto dichter werden die menschenmassen. schon von weitem sind die weissen oder schwarzen sonnenschirme und die satellitenschuesseln der uebertragungswagen zu sehen, die ebenso wie berge von blumen und grablichtern seit tagen nicht mehr aus dem strassenbild wegzudenken sind. auf zwei grossen leinwaenden wird live uebertragen: aus den innenraeumen des palastes, wo die saerge des praesidenten-paares aufgestellt sind, an denen unausgesetzt eine schweigende menschenmenge vorbeizieht, und vom flughafen warszawa-okęcie, wo soeben eine aus russland kommende nato-maschine mit den saergen von dreissig opfern der katastrophe gelandet ist. vor der zweiten leinwand steht eine gruppe von nonnen in schwarzen kleidern und weissen hauben, jede mit einem rosenkranz in der hand. sie sind ganz offensichtlich am richtigen platz, hier werden gebete gebraucht. auch der konvoi der dreissig saerge durch die halbe hauptstadt wird es grossformatig in die zeitungen schaffen, als unerhoertes und bisher nicht dagewesenes ereignis. mittlerweile ist der platz mehr oder weniger unuebersichtlich mit absperrgittern in verschiedene sektoren abgeteilt, policja und straż miejksa sind vor ort, aber wo die schlangen fuer kondolenzbuch und kolumnensaal beginnen und enden, ist nicht ohne weiteres ersichtlich. taeglich gibt die zeitung nicht nur alle ort durch, an denen man aufgebahrten toten die ehre erweisen kann, sondern auch die aktuellen wartezeiten, die im falle des praesidenten von sechs auf acht auf zehn stunden anwachsen wird, bis es am ende keinen unterschied mehr macht, ob man am spaeten vormittag kommt oder im fruehesten morgengrauen, bis man am ende so oder so vierzehn stunden gestanden haben wird fuer einen knicks vor dem mit einer rot-weissen fahne geschmueckten sarg, an dessen seite abordnungen der streitkraefte und mitglieder des parlaments ehrenwache halten. vor dem palast nehmen pfadfinder in vielen verschiedenen uniformen und isolierenden handschuhen grablichter und blumen in empfang, um sie an einer geeigneten stelle den vorher schon abgegebenen blumen und grablichtern hinzuzufuegen. der teppich aus grablichtern vor dem sitz des staatsoberhauptes wird eines der einpraegsamsten bilder aus der zeit nach der katastrophe werden und schmueckt schon jetzt immer wieder die titelseiten von zeitungen und magazinen. in der luft liegt jener suesslich-schwere geruch nach heissem wachs, der sofort assoziationen an tod, begraebnis und leichenschmauss wachruft und zuweilen auch leichte uebelkeit. ein vor dem hotel bristol aufgestellter bauschutt-container dient als abfallbehaelter, immer wieder ist das splitternde krachen von altglas zu hoeren. spaeter wird von 500 tonnen an grablichtern und blumen die rede sein, die von der stadtreinigung allein in warschau innerhalb einer woche entsorgt wurden. niemand spricht in diesen tagen von muelltrennung und dem rohstoff altglas. freilich ist nicht ohne weiteres ersichtlich, was die menschen hierhertreibt, das beduerfnis, etwas zum ausdruck zu bringen, ein zeichen zu setzen, oder der wunsch, dabeigewesen zu sein, fuer die zukunft. manchmal hat es den anschein, als wuerde sich das land selbst beim trauern zuschauen, wer aber koennte sich herausnehmen, die trostsuchenden, verzweifelten von den schaulustigen zu unterscheiden? kameras und fotoapparate sind allgegenwaertig, kleine kinder mit fahne in der hand posieren vor dem denkmal fuers familienalbum, die nachkommen der generation jp II, die man vielleicht eines tages die generation katyń II nennen wird oder generation lech kaczyński, und wieder werden die soziologen im in- und ausland streiten, ob sie denn wirklich existiert.

1 komentarz:

  1. jarmark pogrzebowy albo biznes w czasie żałoby: beerdigungsjahrmarkt oder business in zeiten der trauer.
    nowy świat/krakowskie przedmieście: strassen im zentrum von warschau.
    trakt królewski: koenigstrakt, zu dem nowy świat und krakowskie przedmieście gehoeren.
    tanie znicze w sprzedaży - zapraszamy: guenstige grablichter im angebot - herzlich willkommen.
    biznes rozkręca się: das geschaeft kommt in fahrt.
    żałoba narodowa: staatstrauer.
    policja/straż miejksa: polizei.
    kolumnensaal: saal im praesidentenpalast, in dem die saerge von lech und maria kascyńscy aufgebahrt sind.
    generation jp II: nach dem polnischen papst johannes paul II benannte generationsgruppe, dessen tod fuer die angehoerigen ein praegendes ereignis gewesen sein soll, deren existenz ebenso ueberzeugt bezweifelt wie behauptet wird - es muesste sich grob um die altersgruppe der heute 25-35 jaehrigen handeln.

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