poniedziałek, 29 czerwca 2009

samapoczucie historyczne

es gibt im leben des menschen nicht viele gelegenheiten, sich historisch zu fuehlen. all diese ereignisse, denen im allgemeinen historische bedeutung beigemessen wird, wie die uebergabe des abiturzeugnisses oder der studienabschluss oder eine hochzeit, erweisen sich im nachhinein entweder als reichlich belanglos oder aber als riesengrosse dummheit. und selbst wenn man zu wahrhaft historischen ereignissen von groesserer reichweite anwesend ist, stellt sich das immer erst hinterher heraus. dann kann man sich wohlwollend erinnern und das ganze sentimental ueberhoehen und verklaeren. aber in wahrheit war einem langweilig oder kalt, einem taten die fuesse weh oder man musste aufs klo. ich weiss das, ich war bei der maueroeffnung dabei, es gibt sogar fotos davon.
auch geburtstage eignen sich nur selten fuer historische gefuehle. vielleicht fuehlen sich manche menschen historisch, wenn sie achtzehn werden, weil sie sich ganz ploetzlich fuer wichtig, bedeutend und erwachsen halten. im nachhinein stellt sich so gut wie immer heraus, dass das nur jugendlicher uebermut war. vielleicht fuehlen sich manche menschen auch bei ihrem fuenfundsechzigstengeburtstag historisch, das waere immerhin theoretisch moeglich - aber bei all den vorruhestandsregelungen und altersteilzeiten hat heute niemand mehr den ueberblick, wann dieses gefuehl denn nun eigentlich angebracht waere, und wenn es ueberhaupt einmal der fall gewesen sein sollte, dann gehoert es inzwischen mit sicherheit der vergangenheit an.
als ich fuenfundzwanzig wurde, habe ich mich zum ersten mal in meinem leben wahrhaft historisch gefuehlt. ein vierteljahrhundert, das war mehr als sonst, das konnte sich sehen lassen. aber ich fuerchte, es wird einer der wenigen momente bleiben, an denen ich mich so geschichtstraechtig fuehlen konnte. der fuenfundzwanzigste geburtstag ist schliesslich so ziemlich der einzige, der sich fuer derartige dinge eignet. ab dem dreissigsten ist man alt, und es beginnt die midlifecrisis, beim fuenfzigsten ist das glas schon halbvoll oder halbleer, und den fuenfundsiebzigsten feiert man bereits im seniorenheim bei gala-kaffee und bahlsen-kuchen aus der folienpackung. und wenn man wirklich hundert wird, fuehlt man sich wahrscheinlich nur noch alt und nicht mehr von dieser welt, und all die reporter, die dieses ereignis fuer einen wuerdigen beitrag fuer den lokalteil der zeitung halten, gehen einem fuerchterlich auf die nerven.

insofern hatte ich mich bei meinem sechsundzwanzigsten geburtstag im grunde schon damit abgefunden, die groessten historischen momente meines lebens bereits hinter mir zu haben. aber es sollte anders kommen: in wrocław in der jahrhunderthalle auf der buehne zu stehen, vor hunderten und tausenden von leeren blauen plastikstuehlen im letzten abendsonnenlicht, inmitten der vorbereitungen fuer die grossen empfang der feuerwehrleute am naechsten abend – das ist ein gefuehl, das sich kaum beschreiben laesst. das ist besser als alle historischen wenden und volten zusammen.

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